Exerzitien im Alltag

In der Fastenzeit vor Ostern nahmen 33 Christen in Kleinostheim an den diesjährigen „Exerzitien im Alltag“ teil, die dieses Jahr unter dem Thema „Alle meine Quellen entspringen in Dir“ standen.

Unter der geistlichen Leitung von Pfarrer Heribert Kaufmann machten sich die Teilnehmenden auf eine tiefgründige Reise der spirituellen, religiösen Wurzeln – mit Impulsen, die aus dem Alten und Neuen Testament stammten und zur individuellen Meditation anregten.

Alles beginnt mit der Sehnsucht“, so eröffnete Pfarrer Kaufmann die Reihe mit einem Zitat der Dichterin Nelly Sachs. Diese Sehnsucht, nach innerer Erneuerung und einer tieferen Verbindung zu Gott und dem eigenen Leben, war der rote Faden der Exerzitien. Ziel war es, über das Bild des Wassers den eigenen Quellen des Lebens näherzukommen.

Zentraler Bestandteil der Exerzitien ist die tägliche Auseinandersetzung mit biblischen Texten, die oft tiefgründige Anregungen für das persönliche Leben gaben. Ein Beispiel der Texte aus dem Johannes-Evangelium lieferte der Gruppe eine zentrale Botschaft: „Ich bin gekommen, dass ihr das Leben habt, und Leben in Fülle“ (Joh 10,10). Diese Worte von Jesus wurden als Einladung verstanden, die Fülle des Lebens zu erfahren – ein Leben, das mit Gott verbunden ist und tief in uns selbst wurzelt.

Das Bild des Wassers zog sich durch die gesamten Exerzitien und eröffnete immer wieder neue Perspektiven. Wasser, als Grundlage des Lebens. So kommt der Mensch aus dem Fruchtwasser der Mutter, das das Leben von Beginn an nährt, oder als das Element, in dem die ersten Christen im Zeichen der Taufe vollständig untergetaucht wurden, um als neuer Mensch aufzutauchen. Diese Bilder erinnerten die Teilnehmenden daran, dass der Mensch in seiner Existenz tief mit Wasser verbunden ist – das Symbol für Reinheit, Erfrischung, Erneuerung und den Neubeginn. Denn auch der Körper besteht bis zu 80 Prozent aus Wasser, was uns die existenzielle Verbindung zu diesem lebensspendenden Element vor Augen führt.

Ein weiteres Beispiel war die Auseinandersetzung mit der Begegnung Jesu am Jakobsbrunnen mit der Samariterin (Joh 4,1-42). Übrigens das längste Evangelium mit 42 Versen. Diese Geschichte stellte zu der Zeit das gesellschaftliche Bild auf den Kopf. Eine Frau und zudem noch eine Samariterin – eine Gruppe, mit der die Juden damals nicht verkehrten – bittet Jesus um Wasser. Diese Erzählung brachte den Teilnehmenden nicht nur die Bedeutung von Offenheit nahe, sondern auch die radikale Einladung Jesu, Barrieren zu überwinden und auf das wahre Leben und die nicht versiegende Quelle einer Gottesbeziehung zu vertrauen.

Die berührendsten Momente entstanden im wöchentlichen persönlichen Austausch der Gruppenteilnehmenden, wenn sie ihre eigenen Erkenntnisse und Erfahrungen zu den täglichen Bibelimpulsen offen legten. So auch am Beispiel des Evangeliums vom Seewandel (Mt  14,24-31), in dem Petrus das Boot verlässt und auf dem Wasser Jesus entgegen gehen will. „Wann bin ich in meinem Leben aus einem sicheren Boot bzw. einer sicheren Lebenssituation ausgestiegen? Hat mich der Glaube an Jesus dazu ermutigt?“, lauteten beispielhaft die Fragen, die die Gruppe während ihrer Meditation beschäftigte.

Als besonders bereichernd empfanden viele auch die praktischen Übungen bzw. Erfahrungen. Wasser bewusst und nachhaltig im Alltag zu konsumieren, einen Brunnen aufzusuchen oder Wasser bei einem Spaziergang im Regen zu erleben. Diese alltäglichen Handlungen wurden mit einer tiefen spirituellen Symbolik verbunden und gaben den Exerzitien eine greifbare Dimension.

Der Abschluss der Exerzitien im Alltag wurde nach Ostern mit einer sehr ergreifenden Eucharistiefeier und einer fröhlichen ‚Mitbringparty‘ begangen, bei der neben Wein und anderen Köstlichkeiten auch ein Schokoladenbrunnen auf die Teilnehmenden wartete. Dieser Brunnen, der als Symbol für die Fülle und den Genuss stand, sorgte bei Pfarrer Kaufmann und allen anderen für große Begeisterung, als die Schokoladenquelle sprudelte.

Diese Zeit der geistlichen Besinnung, der Meditation und des Austauschs hat den Teilnehmenden in Kleinostheim nicht nur ein Mehr an innerer Klarheit gebracht, sondern auch ein Gefühl der Gemeinschaft und Verbundenheit mit Gott und untereinander gestärkt. Alle wurden ermutigt, Ostern zu feiern, mit einer neuen Perspektive auf das Leben und im Vertrauen auf die eigenen inneren Quellen, dem Leben auf den Grund zu gehen.