Wort des Pfarrers zum Sonntag

Seligenstadtwallfahrt: Pilger der Hoffnung

Das Pilgern und Wallfahren liegen im Trend. Natur pur und Entschleunigung. Dem Körper etwas Gutes tun. Den Kopf frei bekommen, damit er wieder kreisen kann um Gott und das, worauf es in meinem Leben wirklich ankommt. Wer sich auf einen Pilgerweg macht oder zu einer Wallfahrt aufbricht, der wird die belastenden Realitäten der Welt und des Lebens nicht verdrängen können. Alle Sorgen und Herausforderungen lassen sich nicht weg-pilgern. Aber der Pilger- und Wallfahrtsweg hilft uns. Der Aufbruch aus dem Alltag ist ein erster Schritt, wenn auch nur ein persönlicher und kleiner.

Im Heiligen Jahr sind wir zum Pilgern und Wallfahren ausdrücklich eingeladen. Der verstorbene Papst Franziskus ermutigt uns unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“ dazu. Miteinander aufbrechen, die Hoffnung im Gepäck, das Kreuz als Rettungsanker und Pilgerstab in der Hand. Die Liebe Jesu drängt uns, als pilgernde Kirche Oasen der Hoffnung zu suchen und Zeichen der Zuversicht zu setzen.

Wallfahrerinnen und Pilger nehmen ihre Verantwortung ernst. Sie stehen auf und machen sich auf Hoffnungswege. Diese Wege bringen viel in Bewegung und sind bewegende Zeugnisse unserer christlichen Hoffnung. Diese Hoffnung auf Gottes treues Weggeleit hat mehr Recht, als alle Dunkelheiten und Sorgen dieser Welt. Eine Wallfahrt ist der Raum, in dem vielleicht Gedanken, Wünsche, Sorgen und Ängste wieder einen Platz finden. Sie werden zu Gebeten und Liedern. Wallfahren ist Beten mit den Füßen. So werden wir im Unterwegs zu Pilgerinnen und Pilgern der Hoffnung. Pilgern im Zeichen der Hoffnung heißt Atemholen für die Seele, Innehalten an geistlichen Ankerplätzen, Kraft tanken und den Horizont weiten unter freiem Himmel und in tragender Gemeinschaft.

Es ist doch ein Schatz unseres Glaubens, dass er uns auf der einen Seite ganz persönlich anspricht, herausfordert und bereichert; dass er uns auf der anderen Seite aber auch immer die Gewissheit der Gemeinschaft schenkt. Ich bin nicht allein auf dieser Pilgerreise im Leben. Ich bin Teil einer großen, ja weltumspannenden Gemeinschaft, auch wenn mir das mal mehr, mal weniger bewusst ist: ich kann darauf vertrauen.

Zudem gehen wir einen Weg, den einer schon vorausgegangen ist: Jesus Christus, der von seiner Geburt aus über die Höhen und Tiefen seines Lebens in den Tod und darüber hinaus zum Vater gegangen ist. Uns voran:    als Wegbegleiter, dem keine Last fremd ist, als Wanderstab, auf den wir uns stützen können, als Freund, der am Ende des Weges auf uns wartet.

Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung wandern nicht ziellos. Wer Angst und Panik hat, der läuft vor etwas weg. Wer Hoffnung hat, der läuft auf etwas zu. Das ist ein Unterschied. Wer in Hoffnung pilgert, wer auf eine Hoffnung hin pilgert, der weiß sich auch in den dunkelsten Stunden, in den bedrückendsten Situationen und scheinbar aussichtslosen Einbahnstraßen seines Lebens getragen. Die Nöte bleiben, aber sie verlieren ihre Schrecken:    dass sie nicht lebensentscheidend sind, weil es immer eine Hoffnung gibt.

Unsere alljährliche Wallfahrt vor den Ferien nach Seligenstadt ist eine Einladung, sich als Pilger der Hoffnung aufzumachen. Pilgern Sie mit und spüren Sie die Hoffnung, die uns trägt.

Heribert Kaufmann